Zur Genehmigungsfähigkeit einer gegen den Willen des Betreuten durchzuführenden Dauermedikation mit Neuroleptika und der zwangsweisen Zuführung des Betreuten zu dieser Behandlung

BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2000 – XII ZB 69/00 

Die gegen den Willen eines Betreuten in regelmäßigen, hier zweiwöchentlichen, Zeitabständen durchzuführende Dauermedikation mit Neuroleptika und die zwangsweise Zuführung des Betreuten zu dieser – jeweils kurzfristigen – Behandlung stellen keine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung oder unterbringungsähnliche Maßnahme dar und sind nicht nach § 1906 Abs. 2 i. V. mit Abs. 1 Nr. 2 BGB oder § 1906 Abs. 4 BGB genehmigungsfähig.

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Betroffenen werden der Beschluß der 25. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 27. Januar 2000 und der Beschluß des Amtsgerichts – Vormundschaftsgericht – Bielefeld vom 12. Januar 2000 aufgehoben.

Der Antrag des Betreuers vom 13. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Die Auslagen des Betroffenen hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe
I.

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1. Bei dem am 10. März 1964 geborenen Betroffenen wurde 1986 eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis festgestellt, deren Verlauf in den folgenden Jahren chronisch wurde. Nach mehreren – teilweise freiwilligen – stationären Behandlungen in der psychiatrischen Klinik ordnete das Amtsgericht 1989 für den Betroffenen eine Pflegschaft mit den Wirkungskreisen „Bestimmung des Aufenthalts“ und „Besorgung der Vermögensangelegenheiten“ an. Die Pflegschaft wurde 1990 auf die „Einwilligung in die Behandlung mit Psychopharmaka“ erweitert und später in eine Betreuung mit gleichem Wirkungskreis übergeleitet.

2
Seit 1989 sind in mindestens 24 Fällen Genehmigungen für die geschlossene Unterbringung des Betroffenen zur stationären psychiatrischen Behandlung erteilt worden, die teilweise mehrere Wochen oder Monate andauerte. Mehrfach wurde der Betroffene auch auf der Grundlage des PsychKG untergebracht. Der Betroffene lehnt die von den Fachärzten für erforderlich gehaltene Dauermedikation mit Neuroleptika ab. Da er nach der Entlassung aus dem Krankenhaus die Medikamente nicht einnahm, kam es regelmäßig in gewissen Abständen zu einem akuten Schub seiner psychischen Erkrankung. Dies machte jeweils eine erneute geschlossene Unterbringung erforderlich. Anfang 1999 wurde, befristet bis zum 31. Dezember 1999, die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erteilt, den Betroffenen in zweiwöchigen Abständen für die Verabreichung einer Depotspritze kurzfristig geschlossen unterzubringen und bei seiner Zuführung in die Klinik durch die mitwirkende Behörde Gewalt anwenden zu lassen. Unter dem 13. Dezember 1999 beantragte der Betreuer – erneut – die Genehmigung „zur zwangsweisen Vorführung“ des Betroffenen „zur Medikation und gegebenenfalls zur zeitweisen Unterbringung im Rahmen der Zwangsmedikation in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik gemäß § 1906 BGB.“ Auf diesen Antrag erteilte das Amtsgericht mit Beschluß vom 12. Januar 2000 erneut, befristet bis zum 31. Dezember 2000, die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung, den Betroffenen in zweiwöchigen Abständen zum Zwecke der Verabreichung seiner Medikation für die nach ärztlicher Anordnung unabdingbare Dauer geschlossen unterzubringen; die zuständige Behörde dürfe bei der Zuführung zur Unterbringung Gewalt anwenden. Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen diesen Beschluß zurück. Dagegen wendet sich der Verfahrenspfleger mit der weiteren sofortigen Beschwerde im Namen des Betroffenen, weil dieser durch die Nebenwirkungen des Neuroleptikums schwerwiegend beeinträchtigt werde.

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2. Das Oberlandesgericht hat die Sache gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt (Beschluß veröffentlicht in FamRZ 2000, 1115 ff.). Es möchte von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 16. November 1999 (FamRZ 2000, 1114) abweichen. Dieses hält die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einer ärztlicherseits zur Vermeidung einer Unterbringung für erforderlich gehaltenen regelmäßigen ambulanten Medikation des Betroffenen mit einem Depotneuroleptikum weder nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 noch nach § 1906 Abs. 4 BGB für möglich. Eine ambulante Dauertherapie mit Depot-Spritzen könne – unabhängig davon, ob sie in einer psychiatrischen Klinik, im Krankenhaus, in einer Arztpraxis oder am Aufenthaltsort des Betroffenen durchgeführt werde – nicht zwangsweise gegen dessen Willen durchgesetzt werden. Demgegenüber hält das vorlegende Oberlandesgericht eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eines kurzfristigen auf das unaufschiebbar notwendige Maß beschränkten Klinikaufenthalts zum Zwecke der zwangsweisen medikamentösen Therapie nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB für möglich, sofern sich die Maßnahme als graduell geringerer Eingriff gegenüber einer sonst erforderlichen freiheitsentziehenden Maßnahme darstelle und einen erzwungenen Aufenthalt des Betroffenen in einer Einrichtung decke, in der auch eine freiheitsentziehende Maßnahme vollzogen werden könnte. Im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei der kurze Aufenthalt in der Klinik gegenüber einer nach § 1906 Abs. 1 BGB zulässigen längerfristigen stationären Unterbringung nur ein graduell geringerer Eingriff, der als milderes Mittel genehmigungsfähig sei. Zur Durchführung dieser den Betroffenen weniger als eine Unterbringung belastenden Maßnahme sei die Gestattung von Gewalt zur Zuführung des Betroffenen in die Klinik nach § 70 g Abs. 5 Satz 2 FGG gerechtfertigt. Dagegen sei eine Zwangsbehandlung bei niedergelassenen Ärzten nicht genehmigungsfähig, da diese sich nicht nur graduell von einer Unterbringung unterscheide, sondern eine andere Maßnahme darstelle.

II.

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Die Vorlage ist gemäß § 28 Abs. 2 FGG zulässig.

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1. Für die Zulässigkeit ist erforderlich, daß es vom Rechtsstandpunkt des vorlegenden Gerichts aus auf die streitige Rechtsfrage für die Entscheidung ankommt. Aus dem Vorlagebeschluß muß sich ergeben, daß das vorlegende Gericht bei Befolgung der abweichenden Ansicht zu einer anderen Fallentscheidung gelangen würde (Senatsbeschlüsse BGHZ 82, 34, 36 f.; 133, 384, 386). Das Oberlandesgericht hat dargelegt, daß es auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung die Sache zur weiteren Aufklärung und erneuten Prüfung der Voraussetzungen des § 1906 Abs. 1 BGB an das Amtsgericht zurückgeben müsse. Demgegenüber müsse es die nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB vom Amtsgericht erteilte Genehmigung abschließend aufheben, wenn es der rechtlichen Beurteilung des Oberlandesgerichts Zweibrücken folge.

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Auch wenn das Oberlandesgericht es hat dahinstehen lassen, ob neben einer endgültigen Aufhebung noch eine Zurückverweisung an das Amtsgericht im Hinblick auf eine eventuell zu erteilende Genehmigung nach § 1904 BGB in Betracht käme, läßt dies die Zulässigkeit der Vorlage nicht entfallen. Denn auch im Falle einer Zurückverweisung ist die Vorinstanz an die tragende rechtliche Beurteilung durch das Beschwerdegericht gebunden (BGHZ 15, 122, 124; in Keidel/Kahl, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. Aufl. 1999 § 27 Rdn. 69). Die unterschiedlichen Rechtsauffassungen hätten daher Entscheidungen unterschiedlicher Tragweite zur Folge, was für die Annahme einer Divergenz ausreicht (Senatsbeschluß BGHZ 82 aaO S. 37).

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2. Der Beschluß des Oberlandesgerichts Zweibrücken beruht auch auf der Rechtsauffassung, von der das vorlegende Oberlandesgericht abweichen will. Dem Beschluß sind zwar keine Feststellungen dazu zu entnehmen, ob die Behandlung in einem allgemeinen oder in einem psychiatrischen Krankenhaus mit geschlossener Abteilung vorgenommen werden sollte. Aus der Begründung des Beschlusses ergibt sich aber, daß das Oberlandesgericht Zweibrücken unabhängig vom Ort der Behandlung eine ambulante Maßnahme nicht als Unterbringung, als unterbringungsähnliche Maßnahme oder als „geringeren Eingriff“ gegenüber einer Unterbringung ansieht, sondern dafür einen stationären Aufenthalt für erforderlich hält (aaO S. 1114). Auf der Grundlage dieser Auffassung bedurfte es jedoch keiner näheren Feststellungen zum Behandlungsort.

III.

8
Die zulässige weitere (sofortige) Beschwerde ist begründet. Die regelmäßige ambulante Verabreichung einer Depotspritze mit einem Neuroleptikum und der damit verbundene kurzfristige Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik, dem der Betroffene notfalls unter Anwendung von Zwang zugeführt werden soll, ist nicht genehmigungsfähig.

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1. Die vom Betreuer beabsichtigte Maßnahme ist keine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung im Sinne des § 1906 Abs. 1 BGB.

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a) Diese Vorschrift geht von einem engen Unterbringungsbegriff aus (Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige – Betreuungsgesetz, BTG -, BT-Drucks. 11/4528, S. 145 f.; Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl. 1999 § 1906 BGB Rdn. 43; Marschner in Saage/Göppinger, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 3. Aufl. 1994 § 1906 BGB Rdn. 1). Eine freiheitsentziehende Unterbringung in diesem Sinn ist gegeben, wenn der Betroffene gegen seinen Willen oder im Zustand der Willenlosigkeit in einem räumlich begrenzten Bereich eines geschlossenen Krankenhauses, einer anderen geschlossenen Einrichtung oder dem abgeschlossenen Teil einer solchen Einrichtung festgehalten, sein Aufenthalt ständig überwacht und die Kontaktaufnahme mit Personen außerhalb des Bereichs eingeschränkt wird (Damrau in Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 2. Aufl. 1995 § 1906 BGB Rdn. 1; Marschner in Jürgens/Kröger/Marschner/Winterstein, Das neue Betreuungsrecht, 4. Aufl. 1999 Rdn.493; Staudinger/Bienwald, Bearb. 1999 § 1906 Rdn. 18; MünchKomm/Schwab 3. Aufl. 1992 § 1906 Rdn. 5 f.; LG Hamburg FamRZ 1994, 1619, 1620, OLG Düsseldorf NJW 1963, 397, 398; auch BGHZ 82, 261, 266 ff.). Die Maßnahme muß auf eine gewisse Dauer angelegt sein, um als Freiheitsentziehung angesehen werden zu können (Damrau aaO § 1906 Rdn. 1; Holzhauer in Holzhauer/Reinicke, Betreuungsrecht 1993 § 1906 BGB Rdn. 17). Die ausdrückliche Einschränkung auf eine freiheitsentziehende Unterbringung in § 1906 Abs. 1 BGB dient allein der Abgrenzung zu anderen Unterbringungen nach bürgerlichen Recht, die ohne Freiheitsbeschränkungen erfolgen können, zum Beispiel zu der Unterbringung in einer anderen Familie nach dem zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens noch geltenden § 1838 BGB (BT-Drucks. 11/4528, S. 145; § 1838 BGB wurde aufgehoben durch das KJHG vom 26. Juni 1990 (SGB VIII) – BGBl. I 3546 -). Entscheidendes Kriterium für eine zivilrechtliche freiheitsentziehende Unterbringung ist daher wie auch im öffentlichen Recht die nicht nur kurzfristige Beschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit auf einen bestimmten Lebensraum (vgl. OLG Düsseldorf aaO S. 398).

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b) Beide Kriterien sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Verabreichung der Depotspritze, die der Betreute zwar unter Protest, aber ohne körperlichen Widerstand, in einem offenen Behandlungsraum der Klinik über sich ergehen läßt, dauert lediglich ca. 10 Minuten. Insoweit kann nicht von einer erheblichen Dauer der Maßnahme, auch bei Berücksichtigung des notwendigen Transports innerhalb derselben Stadt, gesprochen werden. Dies gilt unabhängig davon, nach welchen Kriterien die Mindestdauer einer freiheitsentziehenden Maßnahme im einzelnen bemessen wird. Im übrigen wird der Betroffene weder durch die Behandlung noch durch die Zuführung zum Krankenhaus in seiner gesamten Lebensführung auf einen bestimmten räumlichen Bereich begrenzt.

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2. Die Voraussetzungen für eine Genehmigung nach § 1906 Abs. 4 BGB liegen ebenfalls nicht vor.

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§ 1906 Abs. 4 BGB schützt – ebenso wie Abs. 1 der Vorschrift – die körperliche Bewegungsfreiheit und die Entschließungsfreiheit zur Fortbewegung im Sinne der Aufenthaltsfreiheit (vgl. OLG Zweibrücken aaO S. 1114; Bienwald aaO § 1906 BGB Rdn.63; Marschner in Jürgens u.a. aaO Rdn. 518). Zwar ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens der im Regierungsentwurf noch enthaltene Zweck der Maßnahme „wenn der Betreute … am Verlassen seines Aufenthalts gehindert werden soll“ (BT-Drucks. 11/4528, S. 16), aus dem Gesetzestext gestrichen worden. Jedoch wird in der beschlossenen Gesetzesfassung auf den Erfolg der Freiheitsentziehung abgestellt, um zu verdeutlichen, daß nur Maßnahmen erfaßt werden sollen, deren Auswirkungen der Unterbringung vergleichbar sind (BT-Drucks. 11/6949, S. 76). Das ist nicht der Fall, wenn der Betroffene, wie hier, gegen seinen Willen für kurze Zeit von seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort weggebracht wird. Damit wird zwar in die körperliche Bewegungsfreiheit eingegriffen, der Lebensraum und die persönliche Freiheit zur Wahl des dauernden Aufenthaltsorts aber nicht allseitig eingeschränkt, wie es eine Unterbringung zur Folge hat. Die Behandlung selbst erfolgt hier ohne körperlichen Zwang.

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Hinzu kommt im übrigen, daß nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 1906 Abs. 4 BGB der persönliche Anwendungsbereich der Vorschrift auf solche Betreute beschränkt ist, die sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhalten. In einer entsprechenden Einrichtung lebt der Betroffene jedoch nicht.

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3. Eine – unmittelbare oder gegebenenfalls entsprechende – Anwendung des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB kommt auch nicht im Hinblick darauf in Betracht, daß sich die beabsichtigte ambulante Behandlung gegenüber einer genehmigungsfähigen freiheitsentziehenden Unterbringung als „milderes Mittel“ darstellen würde. Insoweit teilt der Senat die Auffassung des Oberlandesgerichts Zweibrücken (aaO S. 11156).

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a) Das Gesetz geht in § 1906 Abs. 1 BGB, wie bereits anhand der Gesetzesgeschichte und der Systematik des § 1906 BGB dargelegt, von einem engen Unterbringungsbegriff aus. Um Unschärfen bei der Definition dieses Begriffs zu vermeiden, werden andere freiheitsentziehende oder -beschränkende Maßnahmen, bei denen es sich nicht um einen nach § 1906 Abs. 1 BGB zu genehmigenden länger dauernden Aufenthalt in geschlossenen Einrichtungen oder geschlossenen Teilen solcher Einrichtungen handelt, von der in § 1906 Abs. 4 BGB enthaltenen Pauschalverweisung erfaßt. Der im Gesetzgebungsverfahren eingebrachte Vorschlag des Bundesrats, § 1906 Abs. 4 BGB nur auf freiheitsbeschränkende Maßnahmen zu beziehen, während Abs. 1 alle freiheitsentziehenden Maßnahmen erfassen sollte (BT-Drucks. 11/4528, S. 209 f., Gegenäußerung der Bundesregierung: S. 228.), ist nicht Gesetz geworden. Vielmehr ist der Gesetzgeber der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages gefolgt, der § 1906 Abs. 4 BGB ausdrücklich wieder auf freiheitsentziehende Maßnahmen ausgeweitet hat. Dabei wurde klargestellt, daß nur solche Maßnahmen erfaßt werden sollten, deren Auswirkungen denen der Unterbringung vergleichbar seien (BT-Drucks. 11/6949, S. 76). Diese Einschränkung verdeutlicht, daß mit der Vorschrift des § 1906 BGB vor allem dem Richtervorbehalt des Art. 104 Abs. 2 GG Rechnung getragen werden sollte. Der Gesetzgeber setzte damit für die Unterbringung Betreuter die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um, die eine richterliche Entscheidung nach Art. 104 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG auch dann für erforderlich hielt, wenn der Vormund in Ausübung seines Aufenthaltsbestimmungsrechts den volljährigen Entmündigten in einer geschlossenen Anstalt unterbrachte (BVerfGE 10, 302, 327 f.). Bei der Ermittlung des Anwendungsbereichs des § 1906 BGB ist daher auch Art. 104 GG zu beachten. Dieser enthält einen festen Begriffskern der Freiheitsentziehung – als Aufhebung der Bewegungsfreiheit in jeder Richtung von einer gewissen Mindestdauer – wie bei der Verhaftung, Einsperrung, Arrestierung, etc. (vgl. nur BGHZ 82, 261, 263 ff.; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 5. Aufl. 2000 Art. 104 Rdn. 10). Dem entspricht die von dem Betreuer im vorliegenden Fall beantragte Maßnahme nicht. Sie wird daher sowohl nach dem Wortlaut als auch nach einer dem Sinn und Zweck entsprechenden verfassungsrechtlich gebotenen Auslegung des § 1906 BGB nicht von dieser Vorschrift gedeckt.

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b) Dem vorlegenden Oberlandesgericht kann ferner nicht darin zugestimmt werden, daß die regelmäßigen kurzfristigen Aufenthalte in der Klinik als „milderes Mittel“ gegenüber einer Unterbringung gemäß § 1906 Abs. 1 BGB genehmigungsfähig seien.

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Unabhängig davon, ob die ca. 25 mal im Jahr stattfindenden Vorführungen zur Verabreichung der Depotspritze auch in ihrer Gesamtheit lediglich als freiheitsbeschränkende Maßnahme – so das vorlegende Oberlandesgericht – oder aber als Freiheitsentziehung (zur Abgrenzung vgl. BGHZ 82, 261, 266 f. mit Nachw.) zu behandeln wären, hält der Senat die dafür beantragte Genehmigung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht für zulässig. Nach Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 GG darf in die Freiheit der Person, die unverletzlich ist, nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden. Dieses Grundrecht wird durch die formellen Garantien des Art. 104 GG verstärkt (Dürig in Maunz/Dürig, GG, Art. 104 Rdn. 1, Anm. 1 a). Die Vorschriften richten sich an die Träger öffentlicher Gewalt (BGH, Urteil vom 16. Juni 1959 – 1 StR 191/59NJW 1959, 1595). Allerdings greift ihr Schutz auch dann ein, wenn der Staat sich einer Privatperson bedient, um öffentliche Aufgaben, wie hier die Fürsorge, wahrzunehmen (vgl. grundlegend BVerfGE 10 aaO S. 327). Um dem formellen Gesetzesvorbehalt des Art. 104 Abs. 1 GG gerecht zu werden, müssen die Grundzüge der Eingriffsvoraussetzungen in einem formellen Gesetz geregelt werden (Jarass aaO Art. 104 Rdn. 3 m.N.). Dadurch soll der Gesetzgeber gezwungen werden, Freiheitsentziehungen in berechenbarer, meßbarer und kontrollierbarer Weise zu regeln (BVerfGE 29, 183, 196; Jarass aaO Art. 104 Rdn. 4). Die vom Oberlandesgericht vorgenommene „Auslegung“ entspricht diesen Grundsätzen nicht.

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Zu Recht hat das Oberlandesgericht allerdings aus dem Gesetzesvorbehalt des Art. 104 Abs. 1 GG geschlossen, daß eine Anwendung des § 1906 Abs. 1 BGB im Wege der erweiternden Analogie nicht in Betracht kommt (zum Analogieverbot im Schutzbereich des Art. 104 Abs. 1 GG: BVerfGE 29, 183, 195 f.; 83, 24, 31 ff.; NStZ 1995, 399; Rüping in Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Art. 104 Rdn. 30). Zuzustimmen ist auch dem Ansatz, daß es zugunsten des von einer Freiheitsbeschränkung Betroffenen möglich sein könnte, in Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine sich nur in der Intensität, nicht aber in der Art und Weise unterscheidende Maßnahme zuzulassen und vormundschaftsgerichtlich zu genehmigen, wenn die Voraussetzungen für die belastendere Maßnahme ebenfalls erfüllt wären. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Denn die beabsichtigten zwangsweisen Zuführungen zu den 14-tägig vorgesehenen Medikationen stellen nicht einen lediglich in der Dauer gegenüber der Unterbringung beschränkten Eingriff in das Freiheitsrecht des Betroffenen dar, sondern eine andersartige Maßnahme.

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Es geht bereits vom Zweck her nicht um eine Unterbringung, sondern darum, den Betroffenen einer ambulanten medizinischen Behandlung gegen seinen Willen zuzuführen.

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Auch die Belastung für den Betroffenen ist eine andere als die durch eine einmalige – selbst länger dauernde – Unterbringung verursachte und mit dieser nicht vergleichbar. Der Betroffene läßt sich nur mit Zwang, unter Einschaltung der Polizei oder durch entsprechende Drohung, in das Psychiatrische Krankenhaus bringen, auch wenn er die Behandlung dort ohne Gegenwehr über sich ergehen läßt. Diese Art der Vorführung hat nach außen hin diskriminierende Wirkung.

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Hinzu kommt, daß der Betroffene über Nebenwirkungen der Medikamente klagt und angibt, es sei ihm lieber, für längere Zeit geschlossen untergebracht zu werden, wenn aufgrund der unterbliebenen Medikation ein Krankheitsschub mit Selbstgefährdung auftritt, als die Beeinträchtigungen durch die Medikamente hinzunehmen. Der Staat kann im Rahmen seiner Fürsorgepflicht auch einem Kranken, der seine Behandlungsdürftigkeit aufgrund seiner Krankheit nicht einsehen kann, nicht die medizinische Hilfe versagen (BT-Drucks. 11/4528 S. 72, 141 f.; BVerfG NJW 1998, 1774, 1775). Dabei kommt es auf die natürliche Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Betroffenen an (BT-Drucks. 11/4528, S. 71; BGHZ 29, 33 f.; Steinle, BtPrax 1996, 139, 142). Da der Betroffene hier bezüglich seiner Behandlungsbedürftigkeit nach den bisherigen Feststellungen nicht einwilligungsfähig ist, verhindert seine Weigerung zwar unter weiteren Voraussetzungen nicht die Behandlung, wenn sein Betreuer dieser zustimmt. Allerdings ist bei der Beurteilung, ob gegen den Willen des nicht einsichtsfähigen Betroffenen eine Unterbringung angeordnet werden kann, zu berücksichtigen, daß das Recht auf persönliche Freiheit auch dem psychisch Kranken in gewissen Grenzen die „Freiheit zur Krankheit“ einräumt (BVerfGE 58, 208, 224 ff., BVerfG aaO S. 1775). Diese Freiheit läßt auch bei einem einwilligungsunfähigen Betroffenen weder eine Unterbringung noch eine Zwangsbehandlung in jedem Falle als verhältnismäßig erscheinen. Für den Betroffenen stellt sich die Gewißheit, für die Dauer eines Jahres regelmäßig der Behandlung zugeführt zu werden, als eine andere, subjektiv möglicherweise stärkere Belastung dar als eine zeitnah angeordnete Unterbringung, selbst wenn diese mit der gleichen Behandlung verbunden ist. Die Verwirklichung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kann daher nicht zu einer Anwendung des § 1906 BGB auf die regelmäßige Behandlung mit Depotmedikamenten führen.

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4. Nachdem § 1906 BGB hiernach die Erteilung der beantragten Genehmigung aus Rechtsgründen nicht zuläßt, läßt sich eine Rechtsgrundlage für die von dem Betreuer beabsichtigte Zuführung des Betroffenen zur ambulanten Behandlung und für die dafür beantragte Genehmigung auch nicht aus anderen Vorschriften herleiten.

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a) Eine Anwendung des § 70 g Abs. 5 FGG zur Rechtfertigung der Anwendung unmittelbaren Zwangs scheidet aus. Die Vorschrift setzt eine Unterbringungsmaßnahme voraus, bei deren Vollzug die Betreuungsbehörde die Zuführung, erforderlichenfalls mit Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane, sicherzustellen hat. Darüber hinaus kann die Vorschrift weder für den Betreuer noch für die Behörde eine eigenständige Rechtsgrundlage für eine Zuführung zu einer ärztlichen Behandlung bilden.

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b) Auch § 33 Abs. 2 FGG kann nicht als selbständige Rechtsgrundlage für die zwangsweise Zuführung des Betroffenen zum Arzt herangezogen werden. Nach allgemeiner Ansicht setzt § 33 FGG das Vorliegen einer gerichtlichen Verfügung voraus und regelt nur deren Vollziehung (vgl. nur Keidel/Zimmermann aaO § 33 Rdn. 8 f., Rdn. 32; Jansen FGG, 2. Aufl. 1969, § 33 Rdn. 48). Der Erlaß einer entsprechenden gerichtlichen Verfügung scheitert aber – wie dargelegt – am Fehlen einer rechtlichen Grundlage.

26
c) Aus der Befugnis des Betreuers, für den einwilligungsunfähigen Betreuten in ärztliche Behandlungen mit Psychopharmaka einzuwilligen, folgt nicht, daß der Betreuer auch befugt wäre, körperlichen Widerstand des Betreuten mit Gewalt zu brechen. Insoweit verzichtet das Betreuungsrecht – wie auch im grundrechtsrelevanten Bereich des Betretens der Wohnung (Art. 13 Abs. 1, 7 GG) – auf Regelungen (BT-Drucks. 11/4528, S.141).

27
aa) Ein Teil der Literatur und Rechtsprechung hält es gleichwohl, zumeist aus Zweckmäßigkeitsgründen, für zulässig, daß der Betreuer – gegebenenfalls mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts – in seinem Aufgabenbereich zur Durchsetzung des Wohls des Betreuten notfalls auch Zwang anwenden kann (für die ambulante Zwangsbehandlung: AG Bremen RuP 1997, 84, 86, Frost, Arztrechtliche Probleme des neuen Betreuungsrechts 1994, S. 72 f.; Knittel, Betreuungsrecht § 1904 Anm. 6 f, § 1906 Anm. 22 d; Schweitzer, FamRZ 1996, 1317, 1324; Zimmermann, Betreuungsrecht 4. Aufl. 1999 S. 169; für die Heimunterbringung gegen den Willen des Betreuten: LG Bremen BtPrax 94, 102, 103; LG Berlin FamRZ 1996, 821; Jürgens/Kröger u.a. aaO Rdn. 243 f.). Dabei wird die Anwendung von Zwang in diesen Fällen mit der Verwirklichung des Wohls des Betreuten und der Vermeidung weitergehender Beeinträchtigungen begründet. Bei der ambulanten Behandlung wird die Anwendung unmittelbaren Zwangs allerdings auf einmalige oder in der Wiederholung seltene Maßnahmen beschränkt, so daß sie für eine Behandlung einer psychischen Erkrankung kaum in Betracht kommt (vgl. Knittel aaO § 1904 Rdn. 6 ff., § 1906 Rdn. 22 d; Schweitzer aaO S. 1324; Jürgens/Kröger u.a. aaO Rdn. 241).

28
bb) Demgegenüber lehnen andere Autoren und Gerichte die Anwendung von Zwang durch den Betreuer außerhalb des Unterbringungsrechts und der dort geregelten Grundlagen in § 1906 BGB und § 70 g Abs. 5 FGG ab (Arnold/Kloß FUR 1996, 263, 265 f; wohl auch Damrau in Damrau/Zimmermann § 1901 BGB Rdn. 3 b; Dodegge, BtPrax 1996, 173; Pardey, Betreuung Volljähriger: Hilfe oder Eingriff, 1989, S. 140 f.; differenzierend Bienwald, § 1904 BGB Rdn. 24; zur zwangsweisen Verbringung eines Betreuten in ein Altenpflegeheim: LG Offenburg FamRZ 1997, 899, 900; BayObLG BtPrax 1995, 182, 183).

29
cc) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Der Betreuer ist nach § 1902 BGB der gesetzliche Vertreter des Betreuten. Er hat dessen Angelegenheiten so zu besorgen, wie es seinem Wohl entspricht, § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB. Durch die gesetzliche Vertreterstellung wird die Rechtsmacht des Betreuers nach außen begründet. Gleichzeitig ist er gegenüber dem Betreuten berechtigt, innerhalb des Aufgabenkreises, für den er bestellt ist, dessen Geschäfte zu besorgen. Allerdings ist nach heutigem Verständnis die Einräumung einer Rechtsmacht nicht zwingend mit der Macht zur Durchsetzung der getroffenen Entscheidung verbunden (Jürgens/Kröger u.a. aaO Rdn. 240; Helle FamRZ 1984, 639, 643). Gerade im grundrechtsrelevanten Bereich ist die Rechtsmacht des gesetzlichen Vertreters beschränkt. Bei Minderjährigen wird das Recht der Eltern, Anweisungen – notfalls mit Hilfe einer Behörde – durchzusetzen, aus dem Erziehungsrecht und insbesondere aus § 1631 Abs. 3 BGB hergeleitet. Auf diese Vorschrift verweist das Betreuungsrecht in § 1908 i Abs. 1 BGB jedoch nicht, da die Funktion des Betreuers für die Personensorge nicht mit derjenigen der sorge- und erziehungsberechtigten Eltern vergleichbar ist. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen, daß der Vormund im Rahmen der Fürsorge öffentliche Funktionen wahrnimmt und sich daher der Mündel auch gegenüber Handlungen des Vormunds auf seine Grundrechte berufen kann (BVerfGE 10 aaO S. 327 ff.). Insoweit gilt für das Verhältnis des Betreuers zum Betreuten nichts anderes. Dies vorausgesetzt greift der Gesetzesvorbehalt in Art. 2 Abs. 2, 104 Abs. 1 GG ein, und es bedarf zur Vornahme von Zwangshandlungen gegen den Widerstand des Betreuten einer Rechtsgrundlage durch ein formelles Gesetz. Eine Analogie zu § 1906 Abs. 1 BGB oder anderen Vorschriften über Zwangsmaßnahmen scheidet ebenso aus wie eine Zwangsbefugnis auf Grund der allgemeinen Regelungen der §§ 1896, 1901, 1902 BGB (Pardey aaO S. 140). Anderenfalls wäre nicht sichergestellt, daß Eingriffe in die durch Gesetzesvorbehalt gesicherten Grundrechte berechenbar und kontrollierbar bleiben.

30
Wie der hier zu entscheidende Fall deutlich zeigt, sind klare Grenzen zwischen der gesetzlich geregelten Unterbringung und anderen Zwangsmaßnahmen des Betreuers notwendig. Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Differenzierung danach, ob die ambulante Zwangsbehandlung in einer Einrichtung vorgenommen wird, die auch eine Unterbringung im Sinne des § 1906 BGB vornehmen könnte, oder in einer ärztlichen Praxis, ist nicht geeignet, die verfassungsrechtlichen Bedenken zu entkräften. Das gilt unabhängig davon, ob für die Einordnung als freiheitsentziehende oder freiheitsbeschränkende Maßnahme auf den Zweck der Maßnahme oder deren Dauer abgestellt wird (vgl. dazu BGHZ 82 aaO S. 266 f. m.N.). Der Zweck der zwangsweisen Verbringung des Betroffenen zum Arzt ist unabhängig von der Art der Einrichtung, in der die Behandlung vorgenommen werden soll, stets der gleiche. Auch der Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen ist nicht abhängig davon, ob die Depotspritze in einem psychiatrischen Krankenhaus mit geschlossener Abteilung, einem allgemeinen Krankenhaus oder einer Arztpraxis gegeben wird.

31
Auch im Hinblick auf die Verfahrensgarantien der §§ 70 ff. FGG kann die Ansicht des Oberlandesgerichts nicht überzeugen. Sie macht eine Abgrenzung zwischen den Unterbringungsmaßnahmen nach § 1906 Abs. 1 BGB und den unterbringungsähnlichen Maßnahmen nach § 1906 Abs. 4 BGB unmöglich. Diese Abgrenzung ist jedoch für das Verfahren von Bedeutung, da die Verfahrensgarantien bei Maßnahmen nach § 1906 Abs. 4 BGB weniger stark ausgeprägt sind als für die Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB. Für erstere ist lediglich die Einholung eines ärztlichen Zeugnisses erforderlich, während für letztere ein Sachverständigengutachten eingeholt werden muß, § 70 e Abs. 1 FGG.

32
Schließlich ist aus § 70 g Abs. 5 Satz 2 FGG, demzufolge Gewalt bei der Zuführung zur Unterbringung nur bei ausdrücklicher Anordnung durch das Gericht angewandt werden darf, zu schließen, daß der Betreuer in sonstigen Fällen keinen Zwang zur Überwindung körperlichen Widerstandes des Betreuten anwenden darf. Reicht selbst eine gerichtliche Genehmigung der Unterbringungsverfügung, mit der die Rechtmäßigkeit der Unterbringung festgestellt wird, allein nicht aus, um eine Gewaltanwendung zu rechtfertigen, so kann der Einsatz unmittelbaren Zwangs zur Durchsetzung anderer vom Gericht nicht zu genehmigender Maßnahmen des Betreuers erst recht nicht zulässig sein.

33
Der Senat verkennt nicht, daß das Fehlen einer Zwangsbefugnis dazu führen kann, daß ein Betroffener einen erneuten Krankheitsschub erleidet und dann möglicherweise für längere Zeit untergebracht werden muß. Es könnte daher im Einzelfall sinnvoll erscheinen und im Interesse des Betroffenen liegen, daß der Betreuer seine Einwilligung in die Behandlung auch gegen den Willen des Betroffenen durchsetzen könnte. Die Problematik der fehlenden Zwangsbefugnisse im Unterbringungsrecht war indessen bereits im Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens zum Betreuungsrechtsgesetz bekannt (vgl. nur Helle, FamRZ 1984, S. 643; Pardey aaO S. 140 f.). Daß der Gesetzgeber gleichwohl auf Regelungen verzichtet hat (BT-Drucks. 11/4528 S. 72, 92 ff.), muß von den Gerichten respektiert werden. Wenn das Anliegen des Betreuungsrechts ernstgenommen wird, die Rechtsstellung psychisch kranker und körperlich, geistig und seelisch behinderter Menschen durch eine grundlegende Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft zu verbessern (BT-Drucks. 11/4528 S. 1), dürfen deren verfassungsrechtlich garantierte Rechte nicht aus Zweckmäßigkeitsgründen – auch nicht im wohlverstandenen Interesse der Betroffenen – mißachtet werden. Darüber hinaus kann den Betreuern, insbesondere den ehrenamtlich tätigen, nicht zugemutet werden, ohne verläßliche Kriterien zu entscheiden, ob die Anwendung unmittelbaren Zwangs in einer bestimmten Situation rechtmäßig ist oder nicht. Schließlich besteht auch nur auf einer gesetzlichen Grundlage ein Rechtsanspruch des Betreuers gegen die Behörde, ihn bei der Ausübung von Zwang zu unterstützen.

IV.

34
Aus den dargelegten Gründen sind die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts aufzuheben. Der Senat kann selbst abschließend in der Sache entscheiden.

35
Die von dem Betreuer beantragte Genehmigung nach § 1906 BGB kann aus rechtlichen Gründen nicht erteilt werden. Unter diesen Umständen kommt es auf etwaige den Betroffenen belastende Verfahrensfehler der Vorinstanzen im Hinblick auf § 70 e Abs. 1 FGG und § 70 c Satz 1 FGG nicht an.

36
Da der Antrag des Betreuers ausdrücklich – nur – auf eine Genehmigung nach § 1906 BGB gerichtet ist, bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der – hiervon zu unterscheidenden – Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit die Voraussetzungen für eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Einwilligung des Betreuers in die ärztliche Behandlung des Betroffenen nach Maßgabe des § 1904 BGB erfüllt wären.

37
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 128 b KostO und § 13 a Abs. 2 Satz 1 FGG.

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