Zum Umfang der von Amts wegen vorzunehmenden Sachaufklärung bezüglich der Auswahl eines Betreuers

BGH, Beschluss vom 13. Februar 2019 – XII ZB 276/18

Zum Umfang der von Amts wegen vorzunehmenden Sachaufklärung bezüglich der Auswahl eines Betreuers.

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Amberg vom 29. Mai 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an eine andere Zivilkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Wert: 5.000 €

Gründe
I.

1
Für die 1926 geborene Betroffene, die an Demenz leidet, ist im vorliegenden Verfahren eine rechtliche Betreuung angeordnet worden.

2
Bezüglich des Aufgabenkreises Gesundheitssorge sowie Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern einschließlich des jeweiligen Postverkehrs hat das Amtsgericht die Beteiligte zu 4, eine Enkelin der Betroffenen, zur Betreuerin bestellt. Zum Ersatzbetreuer hat es insoweit den Beteiligten zu 2, ebenfalls ein Enkel der Betroffenen, bestellt. Für die Vermögenssorge, die Aufenthaltsbestimmung verbunden mit Entscheidungen über Wohnungsangelegenheiten und Abschluss von Heimverträgen sowie den entsprechenden Postverkehr ist der Beteiligte zu 5 als Berufsbetreuer bestellt worden.

3
Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 2 ist vom Landgericht durch Beschluss vom 4. September 2017 zurückgewiesen worden. Dieser Beschluss ist auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 durch Senatsbeschluss vom 14. März 2018 (XII ZB 503/17FamRZ 2018, 849) aufgehoben worden. Nach Zurückverweisung der Sache hat das Landgericht unter unzutreffender Bezeichnung des Rechtsmittels als „sofortige Beschwerde“ den Beteiligten zu 2 zum alleinigen Betreuer bestellt. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des zum Verfahrenspfleger bestellten Beteiligten zu 1.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung auch des nunmehr angefochtenen Beschlusses und zur erneuten Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

5
1. Das Landgericht hat seine Entscheidung nach durchgeführter persönlicher Anhörung der Betroffenen damit begründet, dass die Bestellung des Beteiligten zu 2 zum Betreuer dem ausdrücklichen Wunsch der Betroffenen entspreche. Gewichtige Gründe des Wohls der Betroffenen stünden dem nicht entgegen. Eine konkrete Gefahr, dass dieser die Betreuung nicht zum Wohl der Betroffenen führen werde, könne nicht festgestellt werden. Die bestehenden familiären Spannungen zwischen den Beteiligten genügten dafür nicht.

6
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

7
Die Rechtsbeschwerde rügt zutreffend, dass das Landgericht die nach § 26 FamFG notwendige Aufklärung zu der Frage unterlassen hat, ob die Bestellung des Beteiligten zu 2 dem Wohl der Betroffenen zuwiderläuft. Für eine diesbezügliche Aufklärung liegen hier gewichtige Anhaltspunkte vor. Insbesondere hat der Beteiligte zu 2 zumindest versucht, erhebliche Verfügungen über das Vermögen der Betroffenen zu veranlassen, wozu nähere Umstände und Hintergründe vom Landgericht von Amts wegen hätten aufgeklärt werden müssen. Wie das Landgericht dennoch zu der Aussage gelangt ist, es lasse sich nicht feststellen, dass eine Auswahl des Beteiligten zu 2 dem Wohl der Betroffenen widerspreche, erscheint bei dem gegebenen Sachstand nicht nachvollziehbar. Das Landgericht hätte vor einer abschließenden Sachentscheidung vielmehr den gegen den Beteiligten zu 2 geäußerten Vorwürfen der weiteren Beteiligten zu 1, 4 und 5, insbesondere den unklar gebliebenen näheren Umständen einer Schenkung über insgesamt 32.000 € sowie der Tragfähigkeit der vom Beteiligten zu 2 hierfür angegebenen Begründung, nachgehen müssen. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2 muss – und darf – für die Entscheidung im dem Erwachsenenschutz dienenden Betreuungsverfahren nicht der Ausgang der gegen den Beteiligten zu 2 eingeleiteten (Zivil- und Ermittlungs-)Verfahren abgewartet werden.

8
3. Da die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruht, ist sie aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. Der Senat macht wegen der wiederholten Aufhebung und Zurückverweisung von der Möglichkeit gemäß § 74 Abs. 6 Satz 3 FamFG Gebrauch, die Sache an eine andere Zivilkammer des Landgerichts zurückzuverweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 15. März 2017 – XII ZB 563/16 – juris Rn. 12; Keidel/Meyer-Holz FamFG 19. Aufl. § 74 Rn. 86).

9
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

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