LG München I, Urteil vom 30. Juli 2020 – 31 S 17737/19
Die Kündigung eines Heimvertrages, mit welchem dem Betreuten ein Zimmer überlassen wird, bedarf nach § 1907 Abs. 1 S. 1 BGB zur Wirksamkeit grundsätzlich der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Dies gilt im Hinblick auf § 1 WBVG nur dann nicht, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Vereinbarung dahingehend besteht, dass sich das Heim zur Erbringung und der Bewohner zur Abnahme von Pflegeleistungen verpflichten. Nicht ausreichend ist lediglich die Erklärung des Heimes, für den Fall einer festgestellten, dauernden Pflegebedürftigkeit eine anderweitige geeignete und dem Gesundheitszustand des Bewohners angemessene Unterkunft und Versorgung anzubieten.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte wird aufgrund der Anschlussberufung verurteilt, an den Kläger weitere 13.391,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.913,12 Euro seit 05.09.2019, aus 1.913,12 Euro seit 04.10.2019, aus 1.913,12 Euro seit 06.11.2019, aus 1.913,12 Euro seit 05.12.2019, aus 1.913,12 Euro seit 04.01.2020, aus 1.913,12 Euro seit 06.02.2020 und aus 1.913,12 Euro seit 05.03.2020 zu zahlen.
3. Der Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 21.053,32 € festgesetzt.
Tatbestand
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Die Parteien streiten im Urkundenprozess über Ansprüche aus einem als „Altenheimvertrag“ bezeichneten Vertrag und zentral über die Rechtsfrage, ob die Kündigung des streitgegenständlichen Vertrags der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedarf. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag enthält auszugsweise folgende Regelungen:
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§ 1 Ziffer 1: „Das Wohnstift überlässt dem Bewohner die 1-Zimmer-Wohnung Nr. xxx. Die Wohnung hat 26 qm.“
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§ 3 Ziffer 1: „Das Wohnstift gewährt allgemeine Betreuung durch Vermittlung seelsorgerischer
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Dienste; Beratung in behördlichen Angelegenheiten; Hilfestellung beim Heimeinzug, bei der Gestaltung des Wohn- und Lebensraumes und bei der Orientierung im Heim; Angebot kultureller, religiöser und sozialer Veranstaltungen sowie Ausflüge ins Umland.“
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§ 3 Ziffer 5: „Kann die sachgerechte Behandlung und Pflege in der in § 1 genannten Wohnung infolge ärztlich festgestellter dauernder Pflegebedürftigkeit nicht sichergestellt werden, erklärt sich das Wohnstift bereit, anstelle der in § 1 genannten Wohnung eine anderweitige geeignete und dem Gesundheitszustand des Bewohners angemessene Unterkunft und Versorgung im Pflegehaus xxx anzubieten. Das Wohnstift wird dabei die Wünsche des Bewohners soweit wie möglich berücksichtigen.“
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§ 3 Ziffer 6: „Bei eingetretener Pflegebedürftigkeit ist der Pflegesatz zu vereinbaren, der sich auf der Grundlage der mit den öffentlichen Trägern geschlossenen Pflegesatzvereinbarungen ergibt.“
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Auf die Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts vom 13.11.2019 wird Bezug genommen.
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Das Amtsgericht München vertrat die Auffassung, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag nicht dem Anwendungsbereich des Gesetzes zur Regelung von Verträgen über Wohnraum mit Pflege- oder Betreuungsleistungen (Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, WBVG) unterfällt. Der Vertrag sei als Mietvertrag zu qualifizieren, so dass die Kündigung des Vertrages gemäß § 1907 Abs. 1 BGB der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedürfe und somit aufgrund fehlender Genehmigung unwirksam sei.
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Diese Rechtsansicht greift der Beklagte mit der Berufung an. Der Vertrag sehe ausdrücklich vor, dass der Beklagte bei Eintritt der Pflegebedürftigkeit im Pflegehaus untergebracht werden muss; auch lege er bereits die Parameter für die Ermittlung des zu leistenden Pflegeentgelts fest. Das Amtsgericht übersehe bei seiner Auslegung, dass das WBVG ein Gesetz zum Schutze des Verbrauchers ist. Die Anwendung des § 1907 Abs. 1 BGB widerspreche dem Zweck des WBVG, unter anderem dem Verbraucher die Möglichkeit zur schnellen Lösung vom Vertrag einzuräumen.
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Das Amtsgericht München, Abteilung für Betreuungssachen hat mit Schreiben vom 11.02.2019 (Anlage B5) dem Beklagten mitgeteilt, dass die Kündigung des streitgegenständlichen Vertrages keiner betreuungsrechtlichen Genehmigung bedarf.
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Der Beklagte beantragt:
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1. Das Endurteil des Amtsgerichts München vom 13.11.2019 wird aufgehoben.
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2. Die Klage wird abgewiesen.
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Der Kläger beantragt die
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Zurückweisung der Berufung, und verfolgt die erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter.
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Im Wege der Anschlussberufung beantragt der Kläger:
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Der Beklagte und Berufungskläger wird verurteilt, an den Kläger und Berufungsbeklagten weitere EUR 13.391,84 nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 1.913,12 seit 05.09.2019, aus EUR 1.913,12 seit 04.10.2019, aus EUR 1.913,12 seit 06.11.2019, aus EUR 1.913,12 seit 05.12.2019, aus EUR 1.913,12 seit 04.01.2020, aus EUR 1.913,12 seit 06.02.2020 und aus EUR
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1.913,12 seit 05.03.2020 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt die
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Zurückweisung der Anschlussberufung.
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Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, den Hinweisbeschluss der Kammer vom 10.03.2020 sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 09.07.2020 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Kündigung des von den Parteien geschlossenen Vertrags bedarf der Genehmigung nach § 1907 Abs. 1 BGB.
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Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs.1 ZPO). Insbesondere begründen nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
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Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Kündigung des von den Parteien geschlossenen Vertrags der Genehmigung des Betreuungsgerichts nach § 1907 Abs. 1 BGB bedarf und daher mangels Vorliegens gem. §§ 1908i, 1831 BGB unwirksam ist. Somit besteht der streitgegenständliche Vertrag samt der sich hieraus ergebenden Zahlungsverpflichtung des Beklagten weiterhin fort.
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I. Der streitgegenständliche Vertrag ist kein Vertrag im Sinne des WBVG, mit dem sich der Kläger als Unternehmer gegenüber dem Beklagten als Verbraucher zur Überlassung von Wohnraum und zur Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen verpflichtet hat.
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. Bei der Auslegung des den Anwendungsbereich regelnden § 1 WBVG sind zunächst der gesetzgeberische Wille sowie der Sinn und Zweck des Gesetzes in den Blick zu nehmen.
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Der Gesetzgeber verfolgte beim Erlass des WBVG im Wesentlichen das Ziel, ältere sowie pflegebedürftige oder behinderte volljährige Menschen bei Abschluss und Durchführung von Verträgen über die Überlassung von Wohnraum mit Pflege- oder Betreuungsleistungen vor Benachteiligungen zu schützen und dadurch in einer möglichst selbständigen und selbstbestimmten Lebensführung zu unterstützen (BT-Drs. 16/12409, S. 10). Der besondere Schutzbedarf ergibt sich nach den Erwägungen des Gesetzgebers aus der doppelten Abhängigkeit des Verbrauchers vom Unternehmer und wird noch verstärkt, weil es sich in der Regel um langfristige Entscheidungen zum Lebensmittelpunkt handelt (BT-Drs. 16/12409, S. 1, 11).
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Der Gesetzgeber hatte auch im Blick, dass den Unternehmern hinreichende Gestaltungsmöglichkeiten verbleiben sollen; dies gebiete nicht nur der Gedanke des gerechten Interessenausgleichs, sondern sei darüber hinaus auch eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung neuer und vielfältiger Angebote; nur so könnten neue Wahlmöglichkeiten für die Verbraucherinnen und Verbraucher entstehen, die eine Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse und Wünsche ermöglichen (BT-Drs. 16/12409, S. 11).
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Ausgehend hiervon sind besondere Regeln nur dann geboten, wenn in einem Vertragswerk sowohl ein Mietverhältnis als auch ein Betreuungs- bzw. Pflegeverhältnis begründet wird; in einer solchen Konstellation begegnet der Hilfebedürftige einem Vertragspartner, der für die maßgeblichen Bedingungen des Daseins des Hilfebedürftigen verantwortlich ist, nämlich für seine Wohnung, seine tägliche Versorgung und zumindest teilweise für seine Gesundheit (Weber, NZM 2010, 337, 338).
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2. Der Kläger hat sich im Vertrag nicht zur Erbringung von Betreuungsleistungen verpflichtet.
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a. Für die Beurteilung, ob der Vertrag eine Pflicht zur Erbringung von Betreuungsleistungen enthält, ist ausschließlich die tatsächliche Ausgestaltung maßgeblich, weil sonst durch den Gebrauch anderer Begriffe das Heimrecht umgangen werden könnte; besteht eine Verpflichtung, Betreuungsleistungen in einem bestimmten Umfang neben der Wohnraumüberlassung zu nutzen bzw. zu leisten, ist das WBVG anwendbar (vgl. BeckOGK-WBVG/Drasdo, 01.04.2020, § 1 Rn. 1).
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Der Unternehmer kann die Leistungen selbst erbringen oder lediglich vorhalten, § 1 Abs. 1 S. 2 WBVG. Vorhalten in diesem Sinne meint, dass der Unternehmer die Organisation der gegenüber den Bewohnern zu erbringenden Leistungen übernimmt (BeckOGK-WBVG/Drasdo, 01.04.2020, § 1 Rn. 98). Nach den Erwägungen des Gesetzgebers kommt es folglich nicht darauf an, ob die Pflege- oder Betreuungsleistungen bereits mit Beginn des Vertragsverhältnisses oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erbracht werden sollen. Dies trage dem Umstand Rechnung, dass Verträge auch zu einem Zeitpunkt abgeschlossen werden können, in dem noch keine Pflege- oder Betreuungsleistungen benötigt werden; auch dort bedürfe es eines Verbraucherschutzes, da die Betroffenen in der Erwartung, zu einem späteren Zeitpunkt diese entgegennehmen zu können, Dispositionen und für sie weit reichende Entscheidungen treffen, wie beispielsweise ihre gewohnte Umgebung zu verlassen und in eine andere Wohnung umzuziehen (BT-Drs. 16/12409, S. 14 f.). Damit kommt zum Ausdruck, dass nicht bereits zu Beginn des Vertrages alle Leistungen erbracht werden müssen; diese müssen, soweit vereinbart, nur jederzeit abrufbar sein (BeckOGK-WBVG/Drasdo, 01.04.2020, § 1 Rn. 98). Ausschlaggebend ist dabei die verpflichtende Abnahme sowie Erbringung im Bedarfsfall (Dickmann/Kempchen, HeimR, 11. Aufl. 2014, § 1 WBVG Rn. 8).
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b. Der Kläger hat sich in § 3 Ziffer 5 des Vertrags lediglich bereit erklärt, für den Fall einer festgestellten, dauernden Pflegebedürftigkeit eine andere geeignete und angemessene Unterkunft und Versorgung anzubieten. Dies stellt noch keine vertragliche Vereinbarung dar, mit der sich der Kläger zur Erbringung und der Beklagte zur Abnahme der Pflegeleistungen verpflichtet hätten. Der Kläger hat sich ausdrücklich nur zur Abgabe eines Angebots bereit erklärt; soweit darin eine Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots erblickt werden könnte, begründet dies die Möglichkeit des Beklagten, auf Abgabe des Angebots zu klagen. Erst durch die Annahme dieses Angebots käme dann ein Vertrag mit einem Pflichtenumfang auf Klägerseite zustande, der neben der Überlassung von Wohnraum auch – im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 WBVG („und“) – die Erbringung von Betreuungsleistungen umfasst. Jedenfalls fehlt es an einer Verpflichtung des Beklagten zur Annahme dieses Angebots bzw. – daran anschließend – zur kostenpflichtigen Abnahme des angebotenen Leistungsumfangs. Indem das WBVG aber einen Vertrag voraussetzt, genügt die vom Unternehmer eingegangene Pflicht zur Abgabe eines Angebots nicht.
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3. Soweit der Beklagte die Ansicht vertritt, die Regelung in § 3 Ziffer 5 des Vertrags führe zu einer Umgehung der WBVG-Vorschriften, ist dieser Einwand nicht begründet. Diese Ansicht würde zu einer ungerechtfertigten Einschränkung der Vertragsgestaltungsfreiheit auf Unternehmerseite führen. Der Wortlaut der Vertragsklausel lässt deutlich erkennen, dass der Kläger sich nicht von Beginn an zur Erbringung von Pflege- bzw. Betreuungsleistungen i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 1 WBVG verpflichten wollte; erst recht fehlt es an einem erklärten Vertragswillen des Beklagten, diese dann auch zu bezahlen. Der dahingehend ersichtlich fehlende Rechtsbindungswille würde durch die Annahme einer Umgehungskonstellation ignoriert; sähe man den Anwendungsbereich als eröffnet an, führte dies zu einer Fiktion eines weitergehenden Inhalts der abgegebenen Willenserklärungen. Im Übrigen würde der Anwendungsbereich einseitig zu Lasten der Unternehmerseite eröffnet, obwohl der Schutzzweck zugunsten der Verbraucherseite nicht einschlägig ist. Der besondere Schutzbedarf für den Verbraucher, der die Anwendbarkeit des Gesetzes begründet, wird stets durch die vertragliche Verbindung von der Überlassung von Wohnraum und der Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen ausgelöst; in diesen Fällen entsteht für den Verbraucher eine doppelte Abhängigkeit von einem Unternehmer (BT-Drs. 16/12409, S. 15).
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4. Diesem Ergebnis stehen auch die Tatbestände des § 1 Abs. 2 S. 1 WBVG nicht entgegen. Die Aufzählung der drei Tatbestände ist abschließend (BT-Drs. 16/12409, S. 15). Zum einen fehlt es bereits an einer Willenserklärung des Beklagten, mit der er eine Verpflichtung zur Bezahlung von pflegebedingten Betreuungsleistungen eingegangen wäre. Der Abschluss des zwischen den Parteien bestehenden Vertrag hing daher nicht vom Abschluss eines Vertrags über Betreuungsleistungen ab und wurde auch nicht davon abhängig gemacht. Dass die Parteien gemäß § 3 Ziffer 5 für den Fall der Pflegebedürftigkeit einen neuen Vertrag abschließen müssen, steht hierzu ebenfalls nicht im Widerspruch, da der Beklagte dem Wortlaut von Anfang an entnehmen konnte, dass für diesen Fall ohnehin eine neue Unterbringung – in einem anderen Haus des Klägers (nämlich in dem genannten Pflegehaus) – erforderlich wird. Erst dieser Vertrag umfasst dann die Wohnraumüberlassung und die Erbringung von Pflegeleistungen und würde dann dem Anwendungsbereich des WBVG unterfallen.
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5. Die Kammer verkennt nicht, dass der Vertrag sich weitgehend am WBVG orientiert und darauf ausgelegt ist, dass zu einem späteren Zeitpunkt ein Vertrag abgeschlossen wird, der neben der Verpflichtung zur Überlassung von Wohnraum auch die Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen durch die Beklagte zum Gegenstand hat. Der Vertrag sieht beispielsweise entgegen § 563 BGB eine Beendigung des Vertragsverhältnisses entsprechend § 4 Abs. 3 S. 1 WBVG mit Tod des Beklagten vor, ohne dass es zur Beendigung des Vertrags einer Kündigung bedarf. Das Entgelt für die Leistungen der Klägerin wird entsprechend § 7 Abs. 3 WBVG nach einheitlichen Grundsätzen bemessen. Die Klägerin hat sich entsprechend § 8 WBVG verpflichtet, bei Änderung des Pflege- und Betreuungsbedarf des Beklagten eine entsprechende Anpassung des Vertrags anzubieten.
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Vor diesem Hintergrund ist durchaus denkbar, dass im Einzelfall auf den streitgegenständlichen Vertrag Regelungen des WBVG analog anzuwenden sind. Den Vertrag pauschal dem WBVG zu unterstellen ist nicht gerechtfertigt.
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II. Der Anwendungsbereich des § 1907 Abs. 1 BGB ist eröffnet.
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1. Gemäß § 1907 Abs. 1 S. 1 BGB bedarf der Betreuer zur Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum, den der Betreute gemietet hat, der Genehmigung des Betreuungsgerichts.
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Zwar erfasst die Genehmigungspflicht nach § 1907 Abs. 1 S. 1 BGB nicht die Kündigung von Verträgen, in denen der Anspruch des Betreuten nicht auf einen konkreten Raum, sondern lediglich auf einen „Pflege-“ oder „Altenheimplatz“ (gegen Entgelt oder unentgeltlich) gerichtet ist (BeckOGK-BGB/Schmidt-Recla, Stand: 01.07.2020, § 1907 Rn. 12). Dies ist hier jedoch gerade nicht der Fall, denn nach § 1 Ziffer 1 des Vertrags wurde dem Beklagten eine genau bezeichnete Wohnung – gegen Entgelt (§ 5 des Vertrags) – überlassen. Der unmittelbare Anwendungsbereich des WBVG ist bereits nicht eröffnet. Der Vertrag ist als Mietvertrag zu qualifizieren. Schutzzweck und Regelungsgehalt des WBVG gebieten es auch nicht, die betreuungsgerichtliche Genehmigung der Kündigung des Mietvertrags entfallen zu lassen, weil ein Vertrag die Verpflichtung eines Heims beinhaltet, bei auftretendem Pflegebedarf einen Vertrag im Sinne des § 1 WBVG abzuschließen.
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Es entspricht im Gegenteil der ganz überwiegenden Ansicht in der Literatur, dass die Genehmigungspflicht auch die Wohnraumüberlassung in einem Heimvertrag erfasst, sofern die Gebrauchsüberlassung an einem bestimmten Wohnraum in Rede steht (LG Münster, Urteil vom 23.11.2000 – 5 T 998/00, BeckRS 9998, 18065; BeckOK-BGB/Müller-Engels, 53. Ed. – 01.05.2020, § 1907 Rn. 4; Roth in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 1907 Rn. 2; vgl. auch Staudinger/Bienwald (2017) BGB § 1907, Rn. 27).
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Größe und Umfang des Wohnraums spielen bei der Frage nach dem Ob der Genehmigung keine Rolle; auch ein nur ein Zimmer betreffendes Mietverhältnis wird erfasst. Irrelevant ist auch, wo das/die Zimmer belegen ist/sind – in einem Mehrparteienhaus, einem einzelnen Haus, einem Altenheim. Entscheidend ist nur, dass die betroffene Person allein vertraglich berechtigt ist, einen bestimmten Raum ausschließlich zum Wohnen zu nutzen (BeckOGK-BGB/Schmidt-Recla, Stand: 01.07.2020, § 1907 Rn. 11; vgl. jurisPK-BGB/Jaschinski, 9. Aufl. – Stand: 15.10.2019, § 1907 Rn. 17-19).
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2. Das Betreuungsgericht verweist in seiner Auskunft auf das Urteil des LG Münster vom 23.11.2000 (Az. 5 T 998/00, BeckRS 9998, 18065). Das Urteil trägt die Ansicht des Betreuungsgerichts, § 1907 Abs. 1 BGB sei auf einen Wechsel des Altenheimplatzes nicht anwendbar, nicht. Aus diesem Urteil geht hervor, dass es auf die Umstände des Vertragsverhältnisses ankommt; mit diesen Umständen hat sich das Betreuungsgericht allerdings nicht auseinandergesetzt.
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Das LG Münster führt auszugsweise aus wie folgt:
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„Soweit im Heimvertrag die Gebrauchsüberlassung eines eigenen Wohnraums oder auch anderer Räumlichkeiten des Hauses vereinbart ist, wird § 1907 I BGB ohne Zweifel anzuwenden sein, wenn die Kündigung des Heimvertrags durch den Betreuer beabsichtigt ist. Für den Fall, dass (…) vom Heimträger nicht Gebrauchsüberlassung von Räumlichkeiten geschuldet wird, sondern lediglich der Pflegeplatz ohne eine feste Bindung an bestimmte Räumlichkeiten, wird zum Teil eine entsprechende Anwendung des § 1907 I BGB in Betracht gezogen (vgl. Bienwald, BetreuungsR, § 1907 BGB Rdnr. 26). Die entsprechende Anwendung der genannten Vorschrift wird damit begründet, dass die Fälle, in welchen der Betr. als Bewohner eines Pflegeheims verlegt werde, der Heimvertrag mit der betreffenden Einrichtung gekündigt bzw. einvernehmlich aufgehoben werde, keine andere rechtliche Behandlung als die übrigen Heimvertragsfälle dulden. Denn auch der schwerstpflegebedürftige Betr. dürfe und müsse einen räumlichen Lebensmittelpunkt haben, wenn er nicht lediglich zum Objekt von Pflegeleistungen gemacht werden solle.
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Diese allgemeine Betrachtungsweise rechtfertigt nicht die entsprechende Anwendung des § 1907 BGB auf die Kündigung eines Vertragsverhältnisses über einen Pflegeheimplatz. Sinn und Zweck des § 1907 I BGB ist, den räumlichen Mittelpunkt des Lebens des Betr. unter besonderen Schutz zu stellen. Die Vorschrift erfasst ausdrücklich nur Mietverhältnisse über Wohnraum und beschränkt sich generell auf Wohnräume, die der Betr. zu dem Zweck angemietet hat, selbst darin zu wohnen. Ist damit zwar nicht erforderlich, dass der Betr. die angemieteten Räumlichkeiten auch tatsächlich bewohnt, so ist jedoch erforderlich, dass er Allein- oder Mitmieter ist. Ausschlaggebend für die Schaffung der Schutzvorschriften waren die persönlichen Auswirkungen des Verlustes der Wohnung für einen Betr., wenn er mit der Wohnung seine vertraute Umgebung, seinen Bekanntenkreis und die Möglichkeit, aus dem Krankenhaus oder der Unterbringung in die Wohnung entlassen zu werden, verliert. Anknüpfungspunkt ist damit der räumliche Mittelpunkt des Lebens des Betr. Im Gegensatz dazu ist Kern des Heimvertrages die Pflegeleistung ohne eine feste Bindung an bestimmte Räumlichkeiten. Sinn und Zweck des § 1907 BGB lassen daher die Übertragung der für Wohnraummiete vorgesehenen Regel auf einen Heimvertrag, wie dem hier vorliegenden, nicht zu. Der Pflegeheimplatz unterfällt nicht dem § 1907 BGB, wenn nicht ein konkreter Raum mitvermietet ist (so auch Soergel/Zimmermann, BGB, 12. Aufl., § 1907 Rdnr. 2; Schwab, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 1907 Rdnr. 4).“ (Hervorhebungen durch die Kammer)
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Das Urteil des LG Münster betrifft damit offensichtlich einen anderen Sachverhalt. Gemäß § 1 des streitgegenständlichen Vertrags ist dem Beklagten nämlich eine konkrete Räumlichkeit zugewiesen. Vertragsgegenstand ist demnach gerade nicht die Pflegeleistung ohne eine feste Bindung an bestimmte Räumlichkeiten, sondern die Überlassung einer bestimmten Wohnung mit entsprechender räumlicher Bindung und allgemeiner Betreuung des Beklagten. Dem Beklagten wird für die Dauer des Vertragsverhältnisses die in § 1 Ziffer 1 genannte Wohnung überlassen, deren Eigenschaften in § 1 Ziffer 2 näher spezifiziert werden.
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III. Der mit der zulässigen Anschlussberufung (§§ 264 Nr. 2; 533 ZPO) für weitere Monate geltend gemachte Zahlungsanspruch ergibt sich aus § 5 Ziffer 2 des Vertrags (Anlage K1) und der Erhöhung vom 27.01.2017 (Anlage K2). Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB analog.
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IV. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 S. 1 ZPO. Der Streitwert wurde nach §§ 3 ZPO, 47 GKG festgesetzt.
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V. Ein Grund für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegt aus Sicht der Kammer nicht vor.
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1. Eine grundsätzliche Bedeutung besteht nicht. Die Auslegung des § 1 WBVG steht in Rechtsprechung und Literatur ebenso wenig in Streit, wie die Anwendung des § 1907 Abs. 1 BGB auf Altenheimverträge, die die Überlassung von konkret bestimmtem Wohnraum regeln. Das erforderliche Klärungsbedürfnis besteht daher nicht.
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2. Auch zur Fortbildung des Rechts ist die Zulassung der Berufung nicht erforderlich. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder jedenfalls verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (Musielak/Voit/Ball, 17. Aufl. 2020, ZPO § 543 Rn. 7). Die erforderliche Orientierungshilfe stellen die vorhandenen einschlägigen – und zitierten – Literaturfundstellen dar.
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3. Der Aspekt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist ebenfalls nicht einschlägig. Die Kammer weicht mit dem Berufungsurteil von der Rechtsprechung etwa des OLG Celle (Hinweisbeschluss vom 14.01.2015 – 13 U 170/14, BeckRS 2015, 2453) nicht ab. Der dort zugrunde liegende Vertragsinhalt entspricht nicht den hier maßgeblichen Regelungen.
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4. Die unrichtige Auskunft des Betreuungsgerichts führt zu keinem anderen Ergebnis. Aus dem Urteil des LG Münster geht deutlich hervor, dass die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind und eine Aussage über die Genehmigungsbedürftigkeit nicht ohne eine Betrachtung des jeweiligen Vertragsinhalts getroffen werden kann.